Im Großen und Ganzen konnten die Menschen glücklich und zufrieden sein. Sie hatten genug zu essen, im Winter war es dank guter Heizungen immer warm, und in lauen Sommernächten wurde gerne das Leben gefeiert und die Gemeinsamkeit genossen.
Einige Menschen waren getrieben vom Drang zu erforschen und ihren Horizont zu weiten. Sie fanden, man müsse nicht immer nur den Status Quo akzeptieren. Stattdessen solle man daran arbeiten, die Welt Schritt für Schritt noch ein wenig besser für alle zu machen. Und sie hatten recht in ihrem Glauben, und ihre Motive waren gut und aufrichtig.
Eines Tages wurde eine neue Welt entdeckt. Viele Entdecker brachen daraufhin auf, diese neue Welt zu erkunden. Eine bunt gemischte Gruppe von Entdeckern hatte schon einen langen und weiten Weg durch die neue Welt zurückgelegt, über hohe Berge, durch eine Wüste, durch dunkle Täler und durch unübersichtliche Wälder.
Sie hatten sogar einen breiten Fluss überqueren müssen, doch glücklicherweise eine Furt gefunden, wo dies gefahrlos möglich gewesen war. Trotzdem war ihr Weg sehr beschwerlich gewesen und sie waren müde. Viele sehnten sich zurück nach Hause.
Eines Tages fanden sich die Entdecker in einer heißen und kargen Umgebung am Rande einer großen, tiefen Schlucht, die sich von Horizont zu Horizont zu erstrecken schien und den weiteren Weg blockierte. Es war nicht möglich, diese Schlucht zu überqueren.
Ihr Weg durch die neue Welt hatte sie in eine Sackgasse geführt. Der einzige Ausweg schien, einen Teil des Weges zurückzugehen. Zurück durch die unübersichtlichen Wälder, durch die dunklen Täler, über die hohen Berge? Durch die trockene Wüste, bei deren Durchquerung sie schon auf dem Hinweg beinahe verdurstet wären?
Frustriert schlugen sie ihr Lager auf, um sich auszuruhen vor der schwierigen Entscheidung, wie es ab dem nächsten Tag weitergehen sollte. Sie prüften gerade ihre spärlichen Vorräte, als sie plötzlich Rufe hörten.
Am gegenüberliegenden Rand der Schlucht sahen sie andere Entdecker, die fröhlich herüberwinkten. Die andere Gruppe hatte offenbar einen Weg durch die neue Welt gewählt, der sie jenseits der Schlucht geführt hatte. Dort war der Pflanzenwuchs üppig, es gab ausreichend kühlenden Schatten, frisches Wasser und Nahrung im Überfluss.
Die Entdecker auf der anderen Seite waren alle guter Dinge und bereiteten gerade ein Festmahl vor. Man tauschte sich über die Schlucht hinweg über die Erfahrungen aus, die jede Gruppe auf ihrem Weg gemacht hatte. Die Menschen auf der kargen Seite mussten erkennen, dass es ihnen gerade auf den letzten Abschnitten ihres Weges längst nicht so gut ergangen war wie der anderen Gruppe.
Als es dunkelte, wurden auf beiden Seiten Lagerfeuer entzündet. Während die einen frustriert ihr karges Mahl zu sich nahmen, hörten sie den fröhlichen Gesang der Seite über die Schlucht hinweg. Derjenige, der sich für den Anführer der kargen Seite hielt, glaubte sich rechtfertigen zu müssen: "Wir sind beinahe am gleichen Ort angekommen wie die anderen". "Ja, und bis zur anderen Seite ist es nicht weit", meinte der Kartograf und nickte bestätigend.
Ein ehemaliger Polizist wollte wissen, welche der zahlreichen Wegentscheidungen denn falsch gewesen seien. Der Philosoph bemerkte, dass keine Entscheidung zu dem Zeitpunkt, zu dem sie getroffen worden war, falsch gewesen sei. Ein Mathematiker sagte, es wäre jetzt ganz wichtig, von der anderen Gruppe zu lernen, nach welchen Kriterien sie sich an Wegkreuzungen entschieden hatte.
Ein weiser Gelehrter, der älteste unter den Entdeckern, hatte bisher nur zugehört. Nun brach er sein Schweigen und sagte: "Die Summe unserer Entscheidungen hat uns an diesen Ort gebracht". Er schwieg für einen Moment, um seinen Worten noch mehr Bedeutung zu verleihen.
Dann fuhr er fort: "Wenn wir von hier an einen anderen Ort gelangen wollen, dann wird der Weg für uns weit sein, auch wenn der andere Ort ganz nah zu sein scheint. Es gibt keinen kurzen Weg zu einem Ort, der Station auf einem anderen Pfad ist. "
Am nächsten Tag brachen die Entdecker früh auf.